Jens Kerbel

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Maurice Ravel

 

DAS KIND UND DER ZAUBERSPUK (L' ENFANT ET LES SORTILÈGES)

 

Libretto von Sidonie-Gabrielle Colette

 

 

 

 

 

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Musikalische Leitung - Ekaterina Klewitz

Inszenierung - Jens Kerbel

Bühne - Ansgar Baradoy

Kostüme - Mathilde Grebot

Choreographie - Bärbel Stenzenberger

Licht  - Sirko Lamprecht

 

Das Kind - Merle Claus / Leon Heimbürger

Die chinesische Tasse/Das Eichhörnchen - Josefine Heller / Maria Kokott

Das Feuer/Die Nachtigall - Rebecca Di Piazza / Larisa Varyukhina

Die Prinzessin - Amelie Conrad / Sophia Linden

Die Bergère/Die Fledermaus - Helene Ortmann / Scarlett Pulwey

Die Mutter - Clara Heinz / Emmélie Lempert

Die Libelle - Kim Emde / Ann-Kathrin Koblitz

Die Katze - Hannah Rundel / Tahira Schäfer

Hirtenmädchen - Lea Otting / Magdalena Thomé

Hirtenknabe - Konstantin Duas / Elena Sohler-Sanchéz

Käuzchen/Teebeutel - Alica Camp / Josephine Löschner

Die Teekanne/Der Frosch - Julian Kokott

Das alte Männchen - Janina Gasteier / Cira Gargiulo

Die Standuhr/Der Kater - Jakob Gierlich / Johannes Ipfelkofer

Der Fauteuil/Der Baum - Canstantin Parow / Balthasar Schlotmann

 

Kinder- und Jugendchor der Oper Bonn, Orchester der Jungen Oper Bonn

[Alternativbesetzung in alphabetischer Reihenfolge]

 

 

 

 

Sei brav!


Ein Junge will seine Hausafgaben nicht machen: Eine Geschichte, die jeder kennt. Doch was dann kommt, ist anders. Die Mutter tritt auf , laut Libretto sollen von ihr nur die Schlüssel und das Kleid sichtbar sein,  und bestraft den Jungen mit Hausarrest und  - viel schlimmer -  mit Liebesentzug. Das Kind wird nicht um seiner selbst willen geliebt, sondern nur um das, was es leistet.
Das Kind reagiert mit Wut, mit Aggression. Alles, was es in die Finger bekommmt, wird umgeworfen, zerrissen, zerstört. Selbst das geliebte Märchenbuch. Und die Prinzessin, die dem Buch entsteigt, kann er, so gerne er es würde, nicht mehr retten. Die Zerstörung verselbständigt sich, die Dinge, ob Tassen, ob die Figuren auf der Tapete, die Tiere, alle beginnnen mit ihm zu sprechen, mit ihm zu schimpfen. Und es wird klar, das es nicht das erste Mal ist, dass der Junge sich so benimmt. Er hat Tiere gequält und getötet, er hat den Baum verwundet, schon lange und oft hat er seine Wut an anderen ausgelassen und nie Mitleid empfunden. Aber wo sollte er das auch gelernt haben? Es ist ein Junge, der scheinbar alles hat und dem doch das wichtigste fehlt: Aufmerksamkeit und Liebe. Er wirkt wie ein Kasper Hauser, dem man außer sprechen, schreiben und rechnen nichts beigebracht hat. So kann er das Gefühl des Mitleidens nur aus sich selbst herausholen. Als er das verwundete Eichhörnchen sieht, ist es plötzlich da und völlig selbst vergessen kümmert er sich um das Tier. Die anderen Tiere, die Dinge um ihn herum, erkennen diesen Wandel und als er später selber der Hilfe bedarf, rufen sie für ihn „Mama“. Sie rufen für ihn nach einer „Mama“, die den Jungen nicht kontrolliert , sondern die ihn liebt.

 

Von Rose Bartmer

  

 

   

Das Kind

 

Kater und Katze

     
     

 

PRESSE:

 

 

Generalanzeiger, 26.05.2014

 


"Das Kind und der Zauberspuk" ist richtig gruselig

Von Gunild Lohmann


BEUEL. Ein Kind hat keine Lust auf Hausaufgaben. Das ist der Normalfall. Gar nicht normal ist jedoch, was der kleine Trotzkopf in Maurice Ravels lyrischer Fantasie "Das Kind und der Zauberspuk" veranstaltet, nachdem ihn die gestrenge Mama zu Hausarrest verurteilt hat.

Er piesackt seine Haustiere, zerdeppert Teekanne und Tasse, reißt sein Märchenbuch in Stücke, die Tapete von der Wand und der Standuhr das Pendel aus: Es ist die lieblose Leistungswelt der Erwachsenen, gegen die sich seine Zerstörungswut richtet. Auch bei der Aufführung der Mini-Oper durch den Kinder- und Jugendchor von Theater Bonn hat man Verständnis für das ungezogene Kind. Sein Zimmer auf der Bühne des Alten Malersaals ist eine albtraumhaft verzerrte Welt aus krummen und schiefen Linien.

Rechte Winkel gibt es nicht, dafür aber Dinge, die durch den Vandalismus ihres Besitzers zum Leben erweckt werden und diesem nun ihrerseits zu Leibe rücken: zum Beispiel Sofa und Sessel. Richtig gruselig wird es jedoch erst, als die misshandelte Tier- und Pflanzenwelt aufmarschiert: Katzen, Libelle, Fledermaus, Bäume und Frösche beenden ihren Zauberspuk erst, als das Kind auf einmal Mitgefühl zeigt und das verletzte Eichhörnchen verarztet: Erlösung ist in Sicht.

Ravels Vertonung einer Prosaskizze von Colette wurde 1925 in Monte Carlo uraufgeführt. Dass "L'Enfant et les Sortilèges" nur bedingt als Kinderoper gelten kann, wird auch in Jens Kerbels Bonner Inszenierung deutlich: Die aus den Fugen geratene Bühne von Ansgar Baradoy, Mathilde Grebots fantastisch skurrile Kostüme und vor allem die hintergründige Musik huldigen einem magischen Realismus, der in tiefe Schichten des Unterbewusstseins vorstößt.

Unter der musikalischen Leitung von Ekaterina Klewitz gelingt es dem auf sieben Musiker reduzierten Orchester recht gut, die frechen Rhythmen und manchmal spröden Harmonien der Partitur mit impressionistischen Tupfern ein wenig weich zu zeichnen. Die Chorsänger zeigen eine bewundernswerte Präsenz und Intonationssicherheit, und auch die Solisten machen ihre Sache sehr gut.

Merle Claus etwa legt in der Titelrolle ein gerüttelt Maß Trotz in ihre helle Stimme, Rebecca Di Piazza und Scarlett Pulwey brillieren als Feuer und als Bergère mit atemberaubenden Koloraturen, Sophia Linden singt ein herzzerreißendes Prinzessinnen-Klagelied, und der starke Tenor Julian Kokott macht als very British teapot eine ebenso gute Figur wie im Froschkostüm. Die Zeit vergeht wie im Flug, und schon nach 50 Minuten ist der Spuk vorbei.

 

 

   

Der Frosch

 

Das Eichhörnchen

 

   

Die Nachtigall

 

Der Baum