Jens Kerbel

FOTOGALERIE

 

John Rutter

 

THE PIPER OF HAMELIN

 

Deutsche Textfassung und musikalische Einrichtung von Thomas Honickel  

 

 

 

 

 

Schon zu Beginn markiert die Ouverture den Widerspruch zwischen ländlich-behaglichem Idyll und der Bedrohung durch die Rattenplage, wie sie die mittelalterliche Sage aus Hameln berichtet. Der Chor als tragende Säule erzählt von den Heerscharen kleiner Nager, welche die Stadt überfallen, alles wegfressen, Krankheiten verbreiten und Angst und Schrecken bringen.
Der Stadtrat von Hameln ist untätig, einfallslos und weiß nicht, wie er der Rattenplage in der Stadt Herr werden soll. Da kommt ihm ein dahergelaufener Musiker mit seiner Flöte ganz recht. Dieser verspricht den Herren, die Plage mit seinem Flötenspiel zu beenden – zum Lohn verlangt er einen Gulden für jeden toten Rattenkopf. Der Rattenfänger freundet sich mit den Kindern der Stadt an, spielt ihnen auf seiner Flöte vor, lehrt sie schöne Lieder und erzählt ihnen gegen alle Widerstände der Erwachsenen von einem wunderbaren Land, in dem es keine Lüge, keinen Hass, keine Falschheit und keine Missgunst gibt. Aufmerksam lauschen die Kinder. Und dann begibt sich der sympathische Flötist ans Ufer der Weser, um seinen Auftrag auszuführen. Mit ungeahnten Folgen …

Rutters Musik ist eine geniale Mischung aus Klassik, englischer Musiktradition, Pop und Jazz, wobei der Komponist verschiedene Stile zitiert, um sie in den Dienst des Musiktheaters zu stellen. Anspruchsvolle solistische Partien, facettenreiche und illus­trierende Orchesterklänge sowie eine spannende Handlung mit überraschendem Ende machen das zeitgenössische Werk mit Ohrwurmqualität zu einem Ereignis.

 

Musikalische Leitung: Thomas Honickel

Inszenierung: Jens Kerbel

Bühne: Anna Kurz

Kostüme: Liz Bruininx

 

Eine Produktion mit den KLANGhelden des Oldenburgischen Staatstheaters

 

In Kooperation mit der Toneelacademie Maastricht

 

 

 

weitere Informationen unter: 

 

 

 

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PRESSE

 

NWZ, 19.10.2015

Auf der Jagd nach Rutters Ratten

Die Premiere der Kinderoper „The Piper of Hamelin“ in der Exerzierhalle war zweimal ausverkauft. Noch sind keine weiteren Aufführungen festgelegt, aber für den Winter zumindest geplant.

 

Oldenburg Historisch gesehen war der Rattenfänger von Hameln, der erst die Ratten in die Weser lockte und dann die Kinder aus der Stadt entführte, ein Einzeltäter. Das ist nach modernen Erzählungs-Maßstäben viel zu einfach gedacht. Also prägen in Jens Kerbels Inszenierung der Kinderoper „The Piper of Hamelin“ von John Rutter in der Exerzierhalle gleich vier Rattenfänger das Geschehen.

 

In der vor gut 30 Jahren für ein College-Jubiläum in Cambridge maßgeschneiderten Klein-Oper räumt der englische Komponist, klarer Fall, der geschichtlichen Figur die hintergründige Rolle ein. Doch ein Rattenfänger ist auch der Bürgermeister. Selbst einem Mann mit dem größten versiegelten Hohlraum im Kopf läuft das Volk nach. Er muss sich selbst eben geschickt und aufdringlich inszenieren und seine Claqueure dicht um sich scharen.

 

Englisch gesungen

 

Der dritte Rattenfänger ist der Komponist. Rutter (70) verdankt seinen Zulauf gerade von Chören seiner Genialität, praktisches Handwerk mit bezwingender Musikalität zu verbinden. Seine rhythmisch griffigen und melodisch eingängigen postmodernen Musikkonstruktionen fordern gerade geübte Laien heraus, ohne sie zu überfordern.

 

Auch im englisch gesungenen und mit deutschen Dialogen verbundenen „Piper“ nimmt der Brite geschickt Rücksicht auf die Grenzen und Wandlungen jugendlicher Stimmlagen. Das bringt gesanglich eine gewisse Glätte und Neutralität in die Charaktere. Aber in der zweimal ausverkauften Exerzierhalle nehmen die Sängerinnen und Sänger in den beiden Premieren faszinierend mit persönlich geprägten Ausformungen ihrer Rollen für sich ein: Vorweg das Trio Rattenfänger (A-Premiere Kaja Bultmann/B-Premiere Florentine Isensee/Flöten-Double Stephania Lixfeld), Lameboy (Michal Hoffmeyer/Piotr Knichalla) und Bürgermeister (Leonard von Steuber). Dazu Shopkeeper (Theodor Fank/Julian Mönnich). Secretary (Stine Langanke), Schreiber (Lena Havekost) und Gehilfe (Wieke Langanke).

 

Wuselig geht es eine Stunde lang in der stilisierten Stadt zwischen huschenden Ratten, nickenden Ratsherren und spielenden Kindern zu (Bühne: Anna Kurz). In Handlungen und Dialogen sind geschickt Lebensweisheiten und Anregungen versteckt. Der Zeigefinger bleibt in mittlerer Höhe.

 

Voller Leben

 

Und der vierte Rattenfänger? Das ist Thomas Honickel, der Dirigent der 16 Musiker vom Staatsorchester und engagierte Beweger der „Klanghelden“, wie die 60 jungen Sängerinnen und Sänger von Kinder- und Jugendchor zeitgemäß heißen. Ein Jahr lang hat er mit ihnen die Partitur erarbeitet und voller Leben erfüllt. Es war einmal, dass Kinder zu „Hänsel und Gretel“ in den Wald entführt wurden. Längst gibt es stärkere Stoffe.

 

Festgelegt sind derzeit keine weiteren Aufführungen. Zumindest sind sie für den Winter geplant. Einer wie Honickel wird da nicht locker lassen.

 

Von Horst Hollmann

 

 

 

NWZ, Vorankündigung vom 16.10.2015

Rattenfänger verheißt bessere Welt

„Klanghelden“ vertonen alte Sage als mitreißende Jugendoper

Der Premiere wird „entgegengehungert“. Weitere Aufführungen folgen ab Februar.

 

Oldenburg Ausgerechnet ein Engländer, der Komponist John Rutter, hat mit dem Rattenfänger von Hameln eine urdeutsche Sage zu einer Jugendoper vertont. Vielleicht lag es daran, dass es mehr als 30 Jahre dauerte, bis es „The Piper of Hamelin“, 1980 in Cambridge uraufgeführt, an eine deutsche Bühne geschafft hat.

 

In Oldenburg feiert das mitreißende Stück an diesem Sonnabend in der Exerzierhalle Premiere – Thomas Honickel, der musikalische Leiter im „Jungen Staatstheater“, hat es mit dem Kinder- und Jugendchor „Klanghelden“ in intensiver einjähriger Probenarbeit einstudiert. Die gut 50-minütige Oldenburger Version ist erst die zweite Inszenierung des Stücks in Deutschland. 2012 hatte Honickel es an seiner vorherigen Station für das Beethoven-Orchester Bonn zur Erstaufführung gebracht.

 

In Oldenburg habe Regisseur Jens Kerbel, der 2014/15 bereits die Familienoper „Pinocchios Abenteuer“ im Großen Haus inszenierte, „fantastisch“ mit den „Klanghelden“ gearbeitet, lobt Honickel: „Sie werden nach diesem Stück andee Menschen sein. Sie sind an dem Stück unheimlich gewachsen“, hebt der Musikpädagoge hervor.

 

Rutters Musik ist eine Mischung aus Klassik, englischer Musiktradition, Pop und Jazz. Anspruchsvolle solistische Partien, facettenreiche und illustrierende Orchesterklänge sowie eine spannende Handlung mit überraschendem Ende machen das Werk zu einem Ereignis: Schon zu Beginn markiert die Ouvertüre den Widerspruch zwischen ländlich-behaglichem Idyll und der Bedrohung durch die Rattenplage. Der Chor als tragende Säule erzählt von den Heerscharen kleiner Nager.

 

„Ach, diese schrecklichen Ratten“, stöhnt der Bürgermeister auf der Bühne. Leonard von Steuber brilliert in dieser Rolle – „er ist der erste Bariton, den wir großgezogen haben“, sagt Honickel stolz, „ein echtes Talent.“ Dem Bürgermeister kommt der „Piper“ wie gerufen, der das Ungeziefer wie versprochen mit seinem Flötenspiel in die Weser lockt und die Bürger so von der furchtbaren Plage befreit.

 

Schade nur, dass der trunksüchtige Bürgermeister und der korrupte Stadtrat kein Geld mehr für die Bezahlung des Rattenfängers übrig haben. Der sieht sich gezwungen, die Kinder der Stadt in eine bessere Welt zu entführen – mit einem berührenden Lied („I can show you a joyous land“), das wie alle anderen Stücke der Oper im englischen Original gesungen wird. Die gesprochenen Dialogtexte wurden hingegen ins Deutsche übersetzt. Das Bühnenbild und die Kostüme gestalteten zwei Studentinnen der Toneelacademie Maastricht: Anna Kurz und Liz Bruininkx.

 

Thomas Honickel ist froh, dass nach der schon ausverkauften Premiere ab Februar weitere Vorstellungen folgen werden. Das Stück soll auch in die neue Spielzeit übernommen werden.

Lampenfieber kann Honickel bei seinen Schützlingen vor dem großen Tag nicht feststellen: „Ich bin überrascht, wie cool die sind.“ Es herrsche eine „schöne prickelnde Aufregung“. Der Premiere werde „entgegengehungert“.

 

Von Stephan Onnen