Jens Kerbel

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2018. THE WORLD DIES SCREAMING

 

Stückentwicklung von Jens Kerbel, Jennifer Whigham und Kristina Wydra für die Duisburger Akzente 2018

  

 

  

 

„An der Nordfront läuft diesen Sommer eine vernichtende Offensive. Feindliche Kräfte haben große Geländegewinne erzielt, jede Woche verlieren wir 22.000 Quadratmeilen arktischen Eises. ... Im Pazifik gelang dem Feind dieses Frühjahr auf Tausenden von Meilen ein großer Durchbruch, als er einen vollen Angriff auf die Korallenriffe startete. Und Tag für Tag, Woche für Woche begehen Saboteure hinter den Linien brilliante Attacken: Vor ein paar Monaten entfachte unser Feind eine Feuersbrunst in Kanada, die uns zur Evakuierung einer 90.000-Einwohner-Stadt zwang. ..."

 

Wir befänden uns mitten im Krieg, dem Krieg gegen den Klimawandel, und um noch einen Sieg zu erringen, müssten wir schleunigst umdenken, uns mobilisieren und solidarisieren – das erklärte der amerikanische Publizist Bill McKibben im August letzten Jahres. Überspitzt erklärt er den Kampf gegen den Klimawandel, in einem Essay im US-Magazin New Republic, zum Dritten Weltkrieg und knüpft an die Provokation die Frage, was wäre, wenn nicht wir alle die Ursache für die Erderwärmung wären, sondern ein böser, feindlicher Diktator dahinter stünde? Wäre dann nicht schon längst eine weltweite Mobilisierung ungeahnten Ausmaßes im Gange?

Fakt ist, dass das Erreichen der im Pariser Klimaabkommen gefassten Ziele schon jetzt nur noch mit einer globalen Kraftanstrengung zu erreichen ist und ein generelles Umdenken im Hinblick auf unsere Wirtschaftssysteme und unseren Lebenswandel erforderlich macht. Aber sind wir bereit dafür? Die Gegenstimmten, die die Erderwärmung oder den Kampf um Wasser als Ammenmärchen abtun wollen, sind zahlreich und haben mit Donald Trump eine besonders prominente Gallionsfigur an vorderster, internationaler Front. Was kümmert uns der Rest des Globus’? Welche Welt wollen wir unseren Kindern hinterlassen? Derlei Fragen sind virulent wie nie und wir müssen uns ihnen – wohl oder übel – stellen.

In einer szenisch/musikalischen Collage begibt sich das Regieteam um Jens Kerbel und Jennifer J. Whigham, gemeinsam mit dem Klangkraft Orchester, unter der musikalischen Leitung von Hao-An Henry Cheng, in das Spannungsfeld Mensch – Natur, geht, in Anlehnung an das Thema der Akzente 2018 „Nie wieder Krieg?“, der Frage nach, ob wir uns nicht tatsächlich schon längst wieder in einem Krieg befinden, und erforscht, was übrig ist vom romantischen Idealbild des Menschen als Krone der Schöpfung, im Einklang mit sich und der Welt.

 

 

Inszenierung: Jens Kerbel und Jennifer Whigham

Dramaturgie: Kristina Wydra

Musikalische Leitung: Hao-An Henry Cheng

 

Mit: Philine Bührer, Sabine Osthoff, Manuel Sieg und dem Klangkraft Orchester Duisburg

 

Premiere am 17.03.2018, in der Gebläsehalle im Landschaftspark Nord, Duisburg

 

 

Weitere Informationen unter:

  

 

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PRESSE:

 

Die Menschheit führt Krieg gegen die Erde

(…) Aber schön sollte der Abend ganz sicher nicht sein. Angenehm für die Ohren vielleicht, aber nicht für das Gewissen. Die Regisseure Jens Kerbel und Jennifer J. Whigham hatten mit Philine Bührer, Sabine Osthoff und Manuel Sieg drei Schauspieler gewonnen, die die sanften Orchesterklänge direkt und ohne Schönmalerei konterkarierten. Mit Gasmasken und Tarnanzügen schlichen sie sich auf die Bühne und kamen ohne Umschweife auf die „Endzeit der Sonne“ zu sprechen. Spätestens da war klar, um welche Art Krieg es in „The World Dies Screaming“ geht: den der Menschheit gegen die Erde. Die Waffen sind die Erderwärmung, Umweltverschmutzung und andere Kaliber. Dass zu den dunklen Prophezeihungen der Schauspieler wunderschöne Naturaufnahmen über die Leinwand flimmerten, gab dem Abend eine beißend ironische Note. (…) „The World Dies Screaming“ war ein vielseitiger, monumentaler Abend. Die offensichtliche Diskrepanz zwischen Musik und Bild und dem Text der Schauspieler bot viele Details, in denen sich eigene Gedanken verlieren konnten, und kleine Momentaufnahmen des Vernichtungskrieges der Menschheit gegen sich selbst, die dem Horror ein Gesicht gaben. Geretten wird die Erde dadurch sicher nicht. Aber es ist ein Anfang.

 

WAZ, 19.3.2018 Jonas Schlömer

 

 

Klimawandel als Dritter Weltkrieg?

Jens Kerbel und Jennifer Whigham (Konzept und Regie) sowie Philine Bührer, Sabine Osthoff und Manuel Sieg (Schauspiel) machten uns hier eindringlich klar, dass wir nicht einfach so weitermachen können, wenn täglich 200 Tierarten aussterben. Videos von verzweifelten Eisbären, aber auch von der eigentlichen Schönheit unserer Mutter Erde unterstrichen die Botschaft. Letztlich emotional angesprochen wurden wir durch das Klangkraft-Orchester Duisburg unter seinem vorzüglichen neuen muskalischen Leiter Henry Cheng. (…) Am Ende war jeder Besucher unweigerlich zumindest zum Nachdenken gebracht, als zu dem grenzenlos optimistischen Finale von Beethovens Fünfter auf der Leinwand komplett zugemüllte und dadurch tote Gewässer zu sehen waren.

 

RP Online, 19.3.2018 Ingo Hoddick